27 Jan Strategie versus Taktik
„Die Strategie soll Wasserfluten gleichen, die mit großer Wucht einen Damm durchbrechen. Wasser überwindet Hindernisse und strömt unaufhaltsam ins flache Land. Auf gleiche Art und Weise müssen wir den Wiederstand des Gegners brechen. Wir müssen die Gunst der Stunde nutzen und den Feind dann überfallen, wenn er am wenigsten darauf vorbereitet ist. Wir müssen seine Stärke meiden und gegen seine Schwächen zu Feld ziehen. Gleich einem berstenden Damm und herausströmenden Wassermassen kann uns niemand aufhalten“ (Sun Tzu, 500v. Chr.)
Strategie und Taktik sind zwei Begriffe, welche zwar häufig verwandt werden, aber selten in Relation zu einander verstanden werden. Es scheint mir daher an dieser Stelle sinnvoll, die Bedeutung, welche ich diesen Begriffen zugrunde lege, an dieser Stelle zu definieren.
In seinem Werk „Vom Krieg“ beschreibt Carl von Clausewitz Taktik und Strategie wie folgt: “Die Taktik ist die Lehre, wie man den Sieg erringt, durch den Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht; die Strategie ist die Lehre, wie man den Kriegszweck erreicht, durch Verbindung einzelner Gefechte; d.h. um der Eleganz des Ausdrucks willen: Taktik ist die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, Strategie die Lehre vom Gebrauch der einzelnen Gefechte zum Zweck des Krieges.“
Ersetzt man das Wort Krieg durch „Kampf der Unternehmen um Marktanteile und Kunden“, das Wort Streitkräfte durch „Mitarbeiter“ oder noch besser „Marketingkampagnen“ etc., so wird schnell klar, welche Bedeutung dem Begriff Taktik bzw. Strategie meines Erachtens zugrunde liegt.
Verfolgt man diesen Gedanken weiter, so werden zahlreiche unternehmensinterne Strategiepapiere zu rein taktischen, operativen Überlegungen. Die Strategie, welche diese zur Erreichung des Unternehmensziels, der unternehmerischen Vision bündeln bzw. verbinden sollte, existiert leider oft gar nicht oder nur wage in den Köpfen der Unternehmensleitung.
Ich sehen also den grundsätzlichen Unterschied zwischen strategischem und taktisch, operativem Marketing nicht, wie man dies vielleicht vorschnell vermuten könnte, in der zeitlichen Dimension, auf die sich die Marketingmaßnahmen beziehen, sondern vielmehr in der Tragweite und dem Ausmaß. Dies bedeutet, dass das strategische Marketing mit all seinen Facetten das gesamte Unternehmen betrifft, von unten nach oben vom Management bis zur Reinigungskraft – denn strategisches Marketing ist die Umsetzung der unternehmerischen Vision in das Handeln des Unternehmens. Ohne Vision kein strategisches Marketing. Erst die unternehmerischen Visionen zeigen die strategische Richtung für das Unternehmen auf.
In frühren Zeiten gab es diese Probleme noch nicht. Die Firmengründer wie zum Beispiel Henry Ford, David Packard (HP), Thomas Watson (IBM), Werner von Siemens oder Gottlieb Daimler, gaben Ihren Unternehmen allein durch ihre Vision, ihre Gründerpersönlichkeit ein unverwechselbares Unternehmensprofil welches durch ihre Mitarbeiter im gleichen Sinne weiter getragen wurde.
Heute ist dieses unverwechselbare Profil in vielen Unternehmen verloren gegangen oder erst gar nicht geschaffen worden. Marken-Brands, Produkte, Design und schrille Werbekonzepte haben scheinbar die Funktion einer eigenen Unternehmensidentität, eines unverwechselbaren Profils übernommen. Doch ohne Erfolg! Denn die Mitarbeiter erkennen in diesen Kunstbildern ihr Unternehmen nicht wieder und erzählen dies prompt abends am Stammtisch; untergraben – gewollt oder nicht – jede Kampagne, jeden Versuch ein Image aufzubauen, welches mit der Realität nicht übereinstimmt. Das Verhalten und die Zustimmung der Mitarbeiter ist also zum Aufbau einer Unternehmensidentität enorm wichtig. Gelingt es die Mitarbeiter davon zu überzeugen, wie sich das Unternehmen, sein Kompetenz und Leistung nach aussen darstellt, unterstützen sie die Kommunikation als Multiplikatoren im Gespräch mit Interessenten, Kunden, Familie, Freunden und Nachbarn.
Eine Erfolgreiche Strategie muss also heute und besonders in Zukunft mit der Frage nach dem Was und dem Warum beginnen; also mit der Frage nach der Vision, dem Ziel. Dies gilt Branchen übergreifend für alle Unternehmen. Die immer wieder in der Literatur zu findende Branchen- oder Resort-Ethik gibt es nicht! Jedes Unternehmen muss sich an dem allgemeinen Wertesystem der Gesellschaft, sowohl in sozialer, ethischer wie auch ökonomischer Sicht, ausrichten. Völlig fremde Wertevorstellungen werden von der Gesellschaft, den Kunden und den im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmern nicht akzeptiert. Jedes Unternehmen ist also aufgefordert, ausgehend von den Wertvorstellungen der Gesellschaft, eine eigene Wertewelt zu schaffen, die dem Unternehmenscharakter entspricht, aber nicht im Widerspruch zu dem gesellschaftlichen Wertesystem steht.
Die Strategie bestimmt dabei die Art und Weise, wie die unternehmerische Vision, die Unternehmensziele umgesetzt werden sollen. Sie zeigt also den grundsätzlichen Weg auf, ähnlich wie eine grobe Übersichtsstraßenkarte, den das Unternehmen in der Zukunft beschreiten will. Es geht nicht um Details oder darum, wie letztendlich eine Verkaufs- oder Marketingaktion aussieht, sondern vielmehr um die elementaren, fundamentalen Grundsätze, denen jede Aktion des Unternehmens in Zukunft folgen soll. Die Unternehmensidentität, der Unternehmenscharakter mit den prinzipiell gültigen Unternehmenswerten, bildet dabei den wichtigsten und entscheidenden Grundbaustein, der neben der unternehmerischen Vision, (welche man, um in diesem Bild zu bleiben, als Fundament bezeichnen könnte) unerlässlich für ein erfolgreiches Arbeiten und Agieren am Markt ist.
Die einzelnen Bausteine der Strategie sind:
- Die Unternehmerische Vision
- Unternehmens – Zielsetzung
- Festschreibung der unternehmensinternen Wertebasis in Kommunikation mit den Mitarbeitern
- Festschreibung der daraus resultierenden Unternehmensphilosophie
- Formulierung der daraus konsistent abgeleiteten Unternehmens- und Führungsleitlinien
- Formulierung von Job-Descriptions als konkrete Handlungsanweisung in direkter Ableitung der Unternehmens- und Führungsleitlinien
- CI-Controlling als kontinuierliche Entscheidungs- und Aktionskontrolle auf Widerspruch zur Firmenphilosophie und den Unternehmenszielen
- Kontinuierliche und intensive Markt- und Umweltbetrachtung
- Kontinuierliche und intensive Kunden- und Zielgruppenbetrachtung
- Analyse der Wettbewerbsfähigkeit, der eigenen Produkte aus der Sicht des Marketings